„Wir gehen davon aus, dass sich der aktuell beobachtbare Wirtschaftsaufschwung in der zweiten Jahreshälfte verbreitert. Wir sehen zwei Positivszenarien mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von insgesamt mehr als 60 % und zwei Negativszenarien mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von knapp 40 %“, so Dr. Thomas Steinberger, CIO, Geschäftsführer von IQAM Invest. Der entscheidende Schritt in der Umsetzung der Szenario-Analyse ist zuerst die Szenarien zu gewichten und dann eine optimierte Allokation zu bestimmen.
Positivszenario 1: Überwindung der Pandemie
Das Szenario „Überwindung der Pandemie“ wird mit 38 % als das wahrscheinlichste Szenario gesehen. In diesem Positivszenario gelingt es weltweit im Verlauf des Jahres die Covid-19-Krise vollständig zu überwinden und alle Restriktionen bis Jahresende aufzuheben. „Die wirtschaftliche Entwicklung ist hier grundsätzlich positiv, aber es bedarf weiterhin starker geldpolitischer Unterstützung – so viel wie in keinem anderen Szenario“, so Steinberger weiter. Staatsanleihen bleiben trotz einer negativen Staatsschuldendynamik aufgrund einer stabilen Inflationsentwicklung und der expansiven Politik der Notenbanken relativ unbeeindruckt, Staatsanleiheerträge in der Eurozone sollten bei konstanten Geldmarktzinsen nur leicht negativ sein und etwa -1 % p.a. betragen. Für Aktien wird in diesem Szenario ein Ertrag von über 10 % p.a. erwartet. Unternehmens- und Emerging Markets-Anleihen performen ebenfalls positiv mit einem Plus von 1 % p.a. beziehungsweise 5 % p.a. und weiter steigende Rohstoffpreise führen zu einer positiven Rendite von 6 % p.a. für Rohstoffinvestments. (Zur besseren Vergleichbarkeit sind alle angeführten Erträge in den Szenarien annualisiert!)
Positivszenario 2: Breite Erholung
„Im Szenario der ‚Breiten Erholung‘ sehen wir weitere deutliche Anstiege der Aktienmärkte. Bis zum Jahresende ist ein zweistelliger Anstieg der Aktienindizes zu erwarten, wenn die konjunkturelle Erholung sich in diesem Maß verbreitert“, sagt Steinberger. Emerging Markets-Anleihen und Rohstoffe sollten in diesem Szenario in der zweiten Jahreshälfte sogar zweistellige Zuwächse von 12 % p.a. bzw. 11 % p.a. erzielen. Unternehmensanleihen können auch in diesem konjunkturell sehr positiven Ausblick keine starken Impulse geben. Euro-Staatsanleihen und der US-Dollar würden in allerdings schlechter abschneiden und negative Erträge erzielen.
Negativszenario 1: Risikoaversionsschock
In den beiden von IQAM Invest identifizierten Risikoszenarien ist laut Steinberger nicht mit weiteren Kursgewinnen auf den Aktienmärkten im zweiten Halbjahr zu rechnen. Die Ursache des Schocks kann dabei sehr vielfältig sein, angefangen bei geopolitischen Events bis hin zu einer abrupten Korrektur im Tech- oder Kryptowährungssektor oder einem unerwartet großen Kreditausfall im Emerging Markets-Bereich. Der stärkste Rückfall der Aktienmärkte würde im Szenario „Risikoaversionsschock“ etwa -11 % p.a. für Europa und die Emerging Markets betragen. Die US-Aktienmärkte sollten sich in diesem klassischen „risk off“-Szenario etwas besser halten und mit -6 % p.a. nur leicht korrigieren. Auch die Unternehmens- und Emerging Markets-Anleihen würden negative Erträge liefern bei gleichzeitig erhöhter Volatilität. Eine Flucht in Qualität stabilisiert dabei jedoch die Euro-Staatsanleihen, welche dabei einen annualisierten Ertrag von 4 % bis zum Jahresende bringen sollten. In Euro gerechnet, sind für Rohstoffinvestments dabei leicht negative Erträge zu erwarten, diese werden zum Teil jedoch durch die positive Performance des US-Dollar unterstützt.
Negativszenario 2: Inflationsanstieg verfestigt sich
Das zweite Risikoszenario zeigt hingegen eine gegenteilige Entwicklung bezüglich der Rohstoffe und des US-Dollar. Der US-Dollar würde in diesem Szenario relativ stabil zum Euro bleiben, die Rohstoffe sollten deutlich positive Erträge erzielen und damit in Euro gerechnet bei rund 7 % p.a. liegen. Das ist der höchste Wert für die Ertragserwartungen der Assetklassen in diesem Szenario, da sowohl Anleihen als auch Aktien leicht negativ performen würden. Die Ursache für die negative Performance beider Kategorien ist die erwartete deutliche Versteilerung der Zinskurven in diesem Szenario – das wird wohl Debatten über die Schuldentragfähigkeit weniger stabiler Unternehmen und Staaten sowie steigende Zinsaufschläge für diese Emittenten mit sich bringen. Euro-Staatsanleihen performen dadurch deutlich negativ mit -3 % p.a. und auch Unternehmens- und Emerging Markets-Anleihen erzielen ähnlich negative Erträge. Am stärksten negativ betroffen wären aufgrund des hohen Gewichts des Technologiesektors US-Aktien mit einem Verlust von -11 % p.a. in Euro gerechnet. Aber auch europäische und Emerging Markets-Aktien könnten bis zum Jahresende nicht mehr für Portfoliozuwächse sorgen.
Wie sieht das optimierte Portfolio aus?
Unter Berücksichtigung dieser vier Szenarien kann das Portfolio optimiert werden. Euro-Staatsanleihen werden dabei mit 43 % deutlich untergewichtet, Unternehmensanleihen sind im optimierten Portfolio gar nicht vertreten. Emerging Markets-Staatsanleihen in Lokalwährung werden mit 12 % etwas übergewichtet. Auch Aktien und Rohstoffe werden im zweiten Halbjahr 2021 etwas übergewichtet: Das Aktienexposure fällt zum Großteil auf Nordamerika mit 14 %, dicht gefolgt von europäischen Aktien mit 12 % Gewicht. Die Quote für Aktien Emerging Markets und den pazifischen Raum bleibt mit 7 % bzw. 4 % relativ nahe an der neutralen Gewichtung. Rohstoffe werden mit 8 % moderat übergewichtet.